Aktuelles aus Berlin

Statement der AG Tanzförderung

Statement der AG Tanzförderung zur Pressemitteilung des Senats für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 15.12.2023 „Kulturetat stärkt Vielfalt, Exzellenz, Resilienz und Gesellschaftlichen Zusammenhalt“

Zunächst möchten wir uns bei der Tanzszene bedanken für die Unterstützung unserer ersten Petition. Über 500 Tanzschaffende haben unterschrieben und wir konnten alle Unterschriften zur Eröffnung der Tanznacht 2023 dem Kultursenator Herrn Joe Chialo übergeben. In seiner anschließenden Rede vor der versammelten Tanzszene versicherte uns Herr Chialo: „Wir stehen an Eurer Seite bei der Lösung Eurer Probleme“. Dieses Statement wurde von den Tänzer*innen und Choreograf*innen als positives Signal gedeutet, für die Unterstützung bei der Lösung der akuten finanziellen und strukturellen Probleme der Tanzszene in Berlin.

Mit großem Interesse haben wir deshalb die Pressemitteilung des Kultursenators vom 15.12.2023 gelesen. Wir gratulieren unseren Kolleg*innen von Constanza Macras | DorkyPark, Nico and the Navigators, Rimini Protokoll, Gob Squad Arts Collective, She She Pop, Solistenensemble Kaleidoskop, andcompany&co zum neuen Haushaltstitel und den zusätzlichen Mitteln von 600.000 €. Wir freuen uns, dass es doch möglich ist, innerhalb des Fördersystems kurzfristig neue Strukturen zu etablieren und einen finanziellen Ausgleich für einige Gruppen zu ermöglichen.

Das sieht zunächst nach einem Schritt in die richtige Richtung aus. Da die bisherigen Ansätze dieser Compagnien aber mit in den neuen Haushaltstitel genommen werden, verfügt die für die Freie Szene so wichtige 2- und 4-jährige Basis- und Konzeptförderung künftig über ca. ein Viertel weniger Etat und wird als juriertes Förderinstrument deutlich geschwächt.

Für die chronisch unterfinanzierte Sparte Tanz ist diese Entwicklung einmal mehr besonders bitter: Lediglich eine der durch diese politischen Einzelentscheidungen begünstigten sieben Compagnien ist dem Genre Tanz zugehörig. Zugleich führte bereits die Juryentscheidung über die Basis- und Konzeptförderung zu 15% weniger geförderten Tanzkünstler*innen in den nächsten Jahren. Nicht zuletzt erfährt auch der Runde Tisch Tanz nicht die so dringend benötigte Entwicklungsperspektive für seine sieben strukturstärkenden Maßnahmen, sondern sieht sich nach Abschluss der Haushaltsverhandlungen noch immer mit einer Kürzung konfrontiert.

Das alles bedeutet, dass eine strukturbildende, nachhaltige als auch generationenübergreifende Förderung für die professionelle Tanzsparte in Berlin kaum noch möglich ist.

Dem zeitgenössischen Tanz in Berlin, der durch seine Internationalität, Innovation und Sprachbarriere-Freiheit ein Aushängeschild ist für den Kulturstandort Berlin, droht mit diesen Entscheidungen eine substanzielle, existenzbedrohende Schwächung der Vielfalt, Exzellenz und Resilienz mit Auswirkungen auf die Tanzszene für viele Jahre.

Durch die Juryentscheidungen wurde nicht nur langjährig in Berlin arbeitenden Gruppen mit einem Federstrich die in Jahrzehnten aufgebauten Arbeitsstrukturen genommen, sondern es wurden auch jüngere, von der Kritik hochgelobte Choreograf*innen zurückgestuft.

In unseren Gesprächen mit der Senatsverwaltung haben wir versucht, ein Verständnis für die Auswirkungen dieser Entscheidungen und der eigentlichen Problematik innerhalb der Förderstruktur zu erreichen, mussten aber feststellen, dass unser Anliegen einer kontinuierlichen, für alle Generationen offenen Förderung nicht geteilt wird.

Wir kritisieren und problematisieren erneut das in der Förderung freier Künstler*innen und Compagnien ungerechte Bus System des „Jump in – jump off“.

Ein klar und transparent strukturiertes Fördersystem, das im Dialog mit der professionellen Tanzszene geschaffen wird, ist die Grundvoraussetzung für eine nachhaltige künstlerische Arbeit.

Der Umstand, dass es für die überproportional von Kürzungen betroffene Tanzszene keinen Sonderfonds für Einzelprojektförderung und keine zumindest temporäre Übernahme von Strukturkosten gab, unterstreicht die Notwendigkeit einer Neuordnung der Förderstruktur. Die Wiedereinsetzung der institutionellen Förderung und Aufstockung für einige Gruppen wird, so wichtig sie im Einzelfall auch ist, keines der Probleme der Tanzsparte lösen. Sie setzt vielmehr die Ungleichbehandlung der Tanzkünstler*innen nach den Juryentscheidungen des letzten Jahres fort. Damit können und wollen wir uns nicht abfinden, denn wir sehen mit großer Sorge auf die Zukunft des zeitgenössischen Tanzes in Berlin.

Unser Interesse ist es, eine spezifischere Struktur- und Zielgruppenförderung zu schaffen innerhalb des bestehenden Fördersystems.

Wir erneuern daher unseren Wunsch, mit allen Beteiligten in einen konstruktiven Dialog zu gehen, um dem Tanz und allen Tanzkünstler*innen in Berlin eine sichere Perspektive zu geben.

AG-Tanzförderung
 

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